Chronischer Stress: Auswirkungen auf Körper und Psyche

Die körperlichen und seelischen Folgen von chronischem Stress

Chronischer Stress ist in der modernen Gesellschaft der westlichen Industrienationen ein weitverbreitetes Phänomen, das viele Menschen als unvermeidbar hinnehmen. Bei ersten Anzeichen sollten jedoch umgehend Gegenmaßnahmen gesetzt werden, denn Dauerstress wird für eine Reihe unterschiedlicher physischer und psychischer Erkrankungen verantwortlich gemacht, die die Gesundheit ernsthaft gefährden können und die Lebensqualität erheblich beeinträchtigen. Die ununterbrochene seelische oder körperliche Überforderung eines Menschen führt nämlich in den meisten Fällen zu einem gestörten Hormonhaushalt, der schwere Depressionen ebenso nach sich ziehen kann wie Herzinfarkt, Krebs oder Schlaganfall.

Was ist Chronischer Stress?

Stress ist ein Teil des alltäglichen Lebens und bis zu einem gewissen Grad hilfreich, um optimale Leistungen zu erzielen, das Beruf- und Familienleben zu meistern sowie die körperliche und die mentale Aktivität zu steigern. In einer akuten Stresssituation, wie etwa vor einer Prüfung, einem Vorstellungsgespräch oder einer Präsentation werden im Gehirn Stresshormone produziert, die über Hypothalamus und Hirnanhangdrüse sämtliche Organe erreichen. Der Organismus reagiert darauf mit der Bereitstellung von Energiereserven, einer vorübergehenden Aktivierung des Immunsystems und der Ausschüttung verschiedener Hormone wie Adrenalin, Noradrenalin und Cortisol. Zusätzlich steigt der Blutzuckerspiegel kurzfristig an und sorgt für einen vorübergehenden aufputschenden Effekt.

Wenn der Körper hin und wieder akutem Stress ausgesetzt ist, wirkt sich dies auf die Gesundheit durchaus positiv aus. Solche Stresssituationen dauern in der Regel nur wenige Minuten bis Stunden an und sind eine normale Reaktion auf geistige oder körperliche Herausforderungen. Hat der Organismus jedoch zwischen akuten Stresssituationen keine Möglichkeit, sich im Zuge von Entspannungsphasen ausgiebig zu erholen, kommt es zu einer dauerhaften Belastung des Organismus.

Der Körper im Zustand ständiger Anspannung

Chronischer Stress bedeutet, dass sich der Körper in andauernder Alarmbereitschaft befindet, was sich langfristig negativ auf den Hormonstoffwechsel auswirkt und die Entstehung unterschiedlicher Krankheiten begünstigt. Eine dauerhafte Stressbelastung führt dazu, dass die oben beschriebenen Reaktionen im Körper ununterbrochen ablaufen. Unter der ständigen Einwirkung von Cortisol findet nicht nur eine erhöhte Ausschüttung von Insulin, sondern auch eine Verminderung der Durchblutung aller Organe, eine langfristige Steigerung des Blutdrucks sowie eine Hemmung der zellulären Immunantwort statt. Ein hoher Cortisolspiegel begünstigt darüber hinaus die Tumorbildung und wird daher mit Krebs in Verbindung gebracht.

Auslöser von Dauerstress

Chronischer Stress hat viele Ursachen, die sowohl im beruflichen als auch im privaten Umfeld liegen können. Besonders gefährdet sind Menschen, die einem hohen Leistungsdruck im Beruf ausgesetzt sind und diesem durch lange Arbeitszeiten, die oft auch die Freizeit beanspruchen, gerecht zu werden versuchen. Das ständige Gefühl, funktionieren zu müssen, führt dazu, dass sich die Betroffenen keine bewussten Erholungsphasen gönnen und langfristig die Lebensfreude verlieren. Die Patienten versuchen, die psychische Belastung, die sich durch die beruflichen Anforderungen ergibt, mit noch mehr Arbeit und Leistung zu kompensieren. Dadurch entsteht ein Teufelskreis, der nur schwer und durch bewusst gesetzte Maßnahmen durchbrochen werden kann.

Auswirkungen auf das Familienleben

Oft leiden unter beruflich bedingtem Dauerstress nicht nur die Gesundheit und das seelische Befinden des Betroffenen, sondern auch dessen private Beziehungen. In vielen Fällen kommt es im Familienleben zu Entfremdung, Trennung und Einsamkeit. Probleme im häuslichen Leben, Scheidungen, Krankheit oder Tod eines Angehörigen können jedoch ihrerseits Dauerstress auslösen. Insbesondere Menschen, die einen Pflegefall in der Familie betreuen müssen oder in von psychischer oder physischer Gewalt geprägten Beziehungen leben, sind einem hohen Risiko ausgesetzt, chronischen Stress zu entwickeln.

Ständige Reizüberflutung durch moderne Medien wie Fernsehen, Internet und Computerspiele führt ebenfalls dazu, dass der Körper nicht abschalten kann und vermehrt Cortisol ausschüttet. Auch körperliche Belastungen wie übertriebene sportliche Betätigung kommen als Auslöser von chronischem Stress infrage. Stoffwechselerkrankungen wie Diabetes mellitus und unbehandelte Entzündungsherde wie chronische virale Infekte oder Parodontitis führen ebenfalls häufig zu ununterbrochenem körperlichem Stress. Da jedoch nicht alle Patienten unter den typischen Anzeichen leiden, gehen Mediziner von einer gewissen genetischen Disposition aus.

Seit einigen Jahren wird eine erhöhte Anfälligkeit auf Stressbelastung bei Menschen diskutiert, die als Säuglinge nach der Geburt von der Mutter getrennt oder nicht gestillt wurden. Das in der Muttermilch enthaltene Leptin dürfte neuesten Forschungen zufolge die Stresstoleranz erhöhen, wodurch gestillte Menschen, die bereits als Säuglinge eine stabile Beziehung zur Mutter erfahren haben, auch im Erwachsenenalter besser mit Stress umgehen können.

Auch viele Jugendliche leiden heute unter dauerhafter Stressbelastung. Häusliche Gewalt, die Trennung der Eltern, hohe schulische Anforderungen, Konflikte mit Mitschülern und das relativ neue Phänomen des Cyber-Mobbings durch soziale Netzwerke sind dafür verantwortlich, dass schon Kinder stressbedingte Symptome und Verhaltensweisen entwickeln.

Die Folgen von chronischem Stress

Um die langfristige psychische Belastung zu kompensieren, greifen viele Betroffene zu Maßnahmen, die der Gesundheit weiter schaden und die seelischen und körperlichen Symptome in den meisten Fällen noch verstärken. Chronischer Stress gilt als einer der Hauptfaktoren bei Alkoholismus, Drogen- und Medikamentenmissbrauch sowie starkem Rauchen, sowohl bei Jugendlichen als auch bei Erwachsenen. Viele Betroffene jeder Altersgruppe reagieren auf den Dauerstress mit übermäßigem Konsum von Süßigkeiten und fetten Speisen. Mangel- oder Fehlernährung, Übergewicht, Fettsucht und daraus resultierender Bewegungsmangel sind weitverbreitete Folgen von Dauerstress.

Schlafstörungen, Schlafmangel, Konzentrationsverlust

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Beruflich bedingter chronischer Stress ist der Hauptauslöser für Schlafstörungen und Schlafmangel, die ihrerseits das Entstehen unterschiedlicher Krankheitsbilder begünstigen. Durch den ständigen Überschuss des Stresshormons Cortisol wird die Ausschüttung von dessen Antagonisten Melatonin und Serotonin negativ beeinträchtigt. Durch den Mangel dieser Hormone werden der Schlaf-Wach-Rhythmus gestört und die Tiefschlafphasen verkürzt, weshalb dauerhaft gestresste Menschen in der Nacht mehrmals aufwachen und dann nur schwer in den Schlaf zurückfinden.

Durch eine cortisolbedingte Verminderung der Testosteronausschüttung sind der teilweise oder gänzliche Verlust der Libido und eine eingeschränkte Zeugungsfähigkeit häufig. Viele Menschen, die unter Dauerstress leiden, stellen zudem Konzentrationsschwächen fest. Diese Symptome führen zu erheblichen Einbrüchen im Selbstwertgefühl und gefährden das Privat- ebenso wie das Berufsleben. Depressionen, Angstzustände, Panikattacken und Antriebslosigkeit sind oft die Folgen solcher Probleme.

Durch chronischen Stress entstehende Erkrankungen

Als häufigste stressbedingte Erkrankungen werden in den westlichen Industrienationen chronische Erschöpfungszustände und das sogenannte Burn-out-Syndrom diagnostiziert. Diese Krankheitsbilder betreffen vor allem Menschen, die sich über einen langen Zeitraum beruflich verausgabt haben und an die Grenzen ihrer körperlichen oder seelischen Belastungsfähigkeiten gestoßen sind.

Die ständige Ausschüttung von Cortisol als Folge von Dauerstress wird durch die Hemmung der Serotoninproduktion jedoch auch mit einer langen Liste an unterschiedlichen Erkrankungen psychischer und physischer Natur in Verbindung gebracht. Durch den negativen Einfluss des Cortisols auf das Immunsystem sind Menschen, die unter chronischem Stress leiden, grundsätzlich einer deutlich erhöhten Infektanfälligkeit ausgesetzt. Dies bedeutet, dass schon leichte Erkältungen einen wesentlich längeren Verlauf nehmen und virale Entzündungsherde in andere Körperbereiche weiterwandern können.

Eine gestörte Zellteilung und dadurch eine vorzeitige Zellalterung, die sich in organischen Schäden und Krebsleiden ebenso manifestiert wie in faltiger und fahler Haut und brüchigem Haar, werden mit Dauerstress ebenso in Verbindung gebracht wie eine verzögerte Wundheilung. Stressbedingter chronischer Bluthochdruck geht zudem mit einem erhöhten Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen wie Arteriosklerose, Schlaganfall und Herzinfarkt einher.

Viele Kinder reagieren auf chronischen Stress mit Hautkrankheiten wie Neurodermitis oder Schuppenflechte sowie Essstörungen, die durch den Serotoninmangel hervorgerufen werden. Stressbedingte neurologische Störungen wie etwa Tics, ADHS oder das Tourette-Sydrom sind unter Kindern und Jugendlichen weit verbreitet, können aber auch Erwachsene betreffen.

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