Unterdrückte Gefühle – eine psychohygienische Strategie
Vielen Menschen fällt es schwer, über Gefühle zu sprechen. Häufig haben sie es als Kinder ver-lernt. Die meisten Kinder haben zunächst einen sehr direkten Zugang zu Gefühlen. Sie lernen dann aber im Umgang mit anderen und auch durch die Orientierung an Erwachsenen, dass Gefühle in unserer Gesellschaft nicht immer direkt ausgelebt werden können oder dürfen. Zum einen zeigt ihnen die Reaktion ihres sozialen Umfelds auf Gefühlsäußerungen, dass es möglicherweise auf den ersten Blick einfacher ist, Gefühle zu unterdrücken. Manche Kinder werden für den Ausdruck ihrer Gefühle geschimpft oder gemaßregelt. Diese Erfahrungen setzen sich fest.
Unangenehme Gefühle werden gern verdrängt
Unangenehmen Gefühlen wie Angst, Trauer, Schuld, Scham, Hilflosigkeit und Ablehnung möchten sich auch die meisten erwachsenen Menschen nicht stellen. Menschen haben Angst Gefühle zuzulassen. Sie befürchten, für schwach, hysterisch, unkontrolliert oder überzogen gehalten zu werden. Bei einigen Menschen ist das Unterdrücken von Gefühlen eine persönlichkeitsbestimmende Eigenschaft. Menschen, die negative Gefühle ständig unterdrücken, werden Represser genannt.
Indem Gefühle unterdrückt werden, verschwinden sie keineswegs! Die Gefühle so weit zu unterdrücken, dass sie nicht in unser Bewusstsein dringen, kostet Energie. Ein beliebtes Bild hierfür ist der Versuch, einen mit Luft gefüllten Ball unter Wasser zu halten. Es ist möglich – erfordert aber stetige Aufmerksamkeit und Anstrengung.
Dauerhaft unterdrückte Gefühle machen krank
Die Kraft, die wir brauchen, um Gefühle zu unterdrücken, fehlt uns letztlich an anderer Stelle. Gefühle zu unterdrücken bedeutet, das Leben nicht in seiner vollen Intensität zu genießen. Dies hat direkte Auswirkungen auf Partnerschaft und Sexualität. Auf lange Sicht machen unterdrückte Gefühle krank. Das Immunsystem wird schwächer und kann Infekte nicht mehr so zuverlässig bekämpfen. Je mehr Energie in die Unterdrückung von Gefühlen geleitet wird, desto häufiger werden Erkältungen und Infekte aller Art. Unterdrückte Gefühle können zu allen Arten der bekannten körperlichen Stressreaktionen führen: erhöhter Bluthochdruck, Diabetes, Herzerkrankungen, Nierenschäden, Magenprobleme.
Auch wenn es schwer fällt: Die Lösung liegt darin, auch unangenehme Gefühle zuzulassen. Nur so kann den Ursachen und Auslösern unterdrückter Gefühle auf den Grund gegangen werden. Indem die unangenehmen Gefühle zugelassen und durchgearbeitet werden, verlieren sie an Schrecken. Die Energie, die zuvor darauf verwendet wurde, die Gefühle zu unterdrücken, kann nun zur Verarbeitung verwendet werden. Wenn schließlich die unangenehmen Emotionen bearbeitet sind, wird die ursprünglich zur Verdrängung verwendete Energie frei, um neue Dinge anzugehen.
Wer seine unangenehmen unterdrückten Gefühle zulässt, wird bemerken, dass auch die schönen Gefühle wie Freude, Liebe und Genießen von Partnerschaft und Sexualität wieder mehr Raum bekommen. So nachvollziehbar der Wunsch ist, nur schöne Gefühle zulassen zu wollen: Diese Möglichkeit gibt es nicht. Wer unangenehme Gefühle unterdrückt, beschneidet sich auch der Erfahrung schöner Emotionen. Wer akzeptiert, dass es dunkle Zeiten schlechter Gefühle gibt, wird Phasen des Glücks umso intensiver genießen können.
Eine hilfreiche grundsätzliche Einsicht mag in der Erkenntnis liegen, dass es nicht möglich ist, Gefühle zu kontrollieren. Da immer mehr Kraft in die Unterdrückung der unerwünschten Emotionen fließt, ist es letztlich genau anders herum: Die unterdrückten Gefühle kontrollieren uns! Nicht wir kontrollieren die Gefühle!
Sich den unangenehmen Gefühlen zu stellen ist oft nicht einfach
Sich dem zu stellen, was uns an unterdrückten Gefühlen konkret umtreibt, ist unangenehm, schwierig und oft allein gar nicht möglich. Nicht jeder hat einen Freund oder eine Freundin, mit dem oder der er diese Nöte besprechen und durcharbeiten kann. Wer sich von der Angst Gefühle zuzulassen bedrängt fühlt und möglicherweise auch bereits spürt, wie seine Gesundheit davon beeinträchtigt wird, sollte deshalb nicht zögern, seinen Hausarzt darauf anzusprechen. In vielen Fällen wird der Allgemeinmediziner dann den Patienten an einen Psychotherapeuten oder vergleichbar ausgebildeten Fachmann überweisen. Doch auch ohne die Überweisung eines Arztes können Patienten die Hilfe eines Psychotherapeuten in Anspruch nehmen.
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